Aber meine Bratwurst lasse ich mir nicht wegnehmen!

Wer will sich schon die Bratwurst wegnehmen lassen. Erst recht nicht, wenn man darauf achtet, dass sie biologisch und nachhaltig produziert wurde – in der Schweiz – das versteht sich ja von selbst. Dann ist die Bratwurst doch okay, oder? Für mehr als 10 % der Schweizerinnen und Schweizer ist sie nicht mehr okay. Und diese 10 % sind am wachsen.
Es ist noch nicht lange her, da galten Vegetarier als «Körnlipicker», als Hippies, als ausgegrenzte Sondermenschen und sie mussten sich rechtfertigen warum sie auf Fleisch und Fisch verzichten. Dies hat sich zum Glück verändert. Wer etwas Respekt vor dem Leben und unserer Umwelt hat, dem wird schnell klar, dass eine vegetarische oder gar vegane Lebensweise eine Antwort sein kann. Eine Antwort auf unsere Konsumgesellschaft mit Auswüchsen, die Jonathan Safran Foer in seinem Buch «Tiere essen» erläutert. So vielfältig die Gründe sind, warum sich jemand entscheidet weniger Fleisch oder tierische Produkte zu essen so vielfältig hat sich die fleischlose Küche rasant entwickelt. Bekam der Gast früher bestenfalls einen Gemüseteller, Spaghetti Napoli oder Tortellini mit Käsesauce werden heute viele zum Flexitarier. Flexitarier verzichten aus diversen Gründen auf Fleisch zum Beispiel auch dann, wenn der Koch kreativ genug war ein fleischloses Gericht so geschickt zu konzipieren, dass der Bratwurstesser eben doch umlenkt. Umlenkt auf pflanzlichen Zutaten, die so gut und raffiniert zubereitet und nicht mehr einfach «nur» noch Beilagen sind. Wenn Gemüse, Getreide, Hülsenfrüchte und Co. die Chance bekommen der Mittelpunkt zu sein, dann entstehen Gerichte wie karamellisierten Chicorée mit Hummus und Sesam, Ofen-Kürbis mit schwarzen Kichererbsen und Tahina-Dip, Linsen-Dal mit einem Karottencracker und frischen Kräutern, Gerste mit fermentiertem Topinambur und geräucherten Kräuterseitlingen.
Mittlerweile gibt es in Zürich sogar vegane Restaurants im Segment Gault Millau und Guide Michelin-Sterne Restaurants, die auch jeweils ein vegetarisches Menu anbieten. Und die Bratwurst? Die knickt peinlich berührt ein und wartet vergebens auf Punkte und Sterne. Aber keine Panik, die Bratwurst wird die nächsten Jahre ein historisches Schweizer Erbe bleiben. Vielleicht wird sie aber irgendwann nur noch so etwas wie Verlegenheits-Fastfood und vielleicht wird sie sogar irgendwann nur noch von Personen gegessen die Klimawandel als «fake news» abhandeln.
Ich koche seit einigen Jahren nur noch vegetarisch und vegan. Das macht entgegen landläufiger Meinung unglaublich Spass, bereichert meine fachlichen Kompetenzen und meinen persönlichen Horizont. Und ja – meine Bratwurst-Theorie mag verrückt sein aber mit Arthur Schopenhauer habe ich einen Verbündeten: «Jede neue Idee wird zuerst verlacht, dann bekämpft bevor sie schliesslich selbstverständlich wird».
Kommentare zu Aber meine Bratwurst lasse ich mir nicht wegnehmen!
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Großartig!
Habe irgendwie gehört, dass es ein neues Veggieburger Kochbuch für den Feuerring geben soll.
Wann?
Welcher Titel?
Kann es kaum erwarten!